leserbriefe – unveröffentlicht von der rnz

Als Bürger dieser Stadt erwarte ich von der Verwaltung und vom Gemeinderat ordentlich durchgeführte und sachlich begründete Arbeit und Entscheidungen. Die ganze Prozedur um die Vergabe des Alten Hallenbades erinnert dagegen mehr und mehr an eine Schmierenkomödie. Führen wir uns nur noch einmal die Stationen dieses Stückes vor Augen: Es gibt einen Investor für das äußerlich verwahrloste Bauwerk. Schon wird das Hallenbad als verkauft in den Medien lanciert. Wer hat das wo beschlossen? Die Folge: Der Gemeinderat wehrt sich. Das Alte Hallenbad wird öffentlich zum Verkauf ausgeschrieben. Nach der Ausschreibung erhält ein anderer Investor den Zuschlag. Es scheint als sei die „Heidelberger Philharmonie“ (so der deutsche Komponist Hans-Joachim Hespos während einer Veranstaltung im Aha) gerettet. Dabei werden aber europäische Vergaberichtlinien übersehen. Der Zuschlag wird rückgängig gemacht. Das passt einigen sehr gut. Die schämen sich nicht einmal, das mit einer gewissen Häme hinter vorgehaltener Hand oder auch öffentlich zu sagen. Jedenfalls muss erneut ausgeschrieben werden. Nun aber die Überraschung: Der Gewinner der ersten Runde zieht entmutigt zurück. Zu hohe Sanierungskosten. Zu wenig Unterstützung durch die Stadt. Gibt es da doch andere Interessen als dem Willen des Gemeinderates nachzukommen, wie es sich eigentlich für eine Verwaltung gehört? Nach langem hin und her bleibt letztlich derjenige übrig, der schon zu Beginn das Hallenbad unter der Hand bekommen sollte. Jetzt müsste es spätestens in allen wachen Köpfen klingeln. Der Gemeinderat beschließt gleichwohl nach kontroverser Diskussion den Verkauf. Wir kommen zum großen Finale: Dem Gewinner passt der Prozess der Entscheidungsfindung im Gemeinderat nicht. Die Unterzeichnung des Kaufvertrags wird ausgesetzt.
Das alles geschieht, während das Unterwegstheater als Mieter dem Alten Hallenbad mit Musik und Tanz neues Leben einhaucht.  Nun ist das Leben vorbei. Die Philharmonie ist zu, das Unterwegstheater ausgezogen. Der alte Kasten gammelt wieder. Jetzt auch von innen. Erstaunt bleiben die Menschen dieser Stadt zurück mit offenen Fragen:
Wer regiert hier wen? Wer bestimmt die Spielregeln? Wie ist es um die politische Kultur dieser Stadt bestellt?
Maximilian Heßlein, 23.10.08
 
Der Marktforscher und die „normative Kraft des Faktischen“
Herr Hörnle zitiert in seinem Artikel Herrn Kremer von der GIM als Interpreten der von seiner Firma – die GIM ist kein „Institut“, wie Herr Hörnle schreibt, sondern eine ganz normale Firma, die anderen Firmen hilft, ihre Produkte im Markt zu platzieren – erhobenen Daten mit seiner doch recht einfältigen Auslegung: dass der Umbau des Schlossgartens in eine historische Fiktion namens Hortus Palatinus keine Mehrheit unter den Heidelberger Bürgern findet, tut er ebenso als Wirkung der „normativen Kraft des Faktischen“ ab, wie die Tatsache, dass eine klare – die absolute! – Mehrheit der Befragten eine kulturelle Nutzung des Alten Hallenbades als Spielstätte des Unterwegstheaters wünscht – simpler geht’s ja wohl nicht !( Wie erklärt er sich eigentlich die Abwahl von Regierungen oder Oberbürgermeistern?)
Aber zur Sache: wie begründete sich denn in diesen beiden Fällen die „normative Kraft des Faktischen“? – Der Schlossgarten hat sich im Laufe von zweieinhalb Jahrhunderten, ohne je ein Renaissancegarten gewesen zu sein, als romantischer Garten bis in die heutige Zeit entwickelt. Das ist das „Faktische“! Was soll dann der – konsequenterweise von den Denkmalpflegern und Kunsthistorikern auch abgelehnte – Geschichtsrevisionismus, einen fiktionalen Zustand an die Stelle des historisch gewachsenen zu setzen? Die „normative Kraft des Faktischen“ ist hier ja wohl der Lauf der Geschichte. Und wenn der kluge Bürger nicht Wunsch und Wirklichkeit verwechselt, also im besten Sinne geschichtsbewußt ist, ist er selbstverständlich gegen einen Erlebnispark a la Renaissance!
Und wo verortet Herr Kremer die „normative Kraft des Faktischen“ im Falle der Alten Hallenbades? – Bei einem Gemeinderatsbeschluss! Was für eine grandiose Überschätzung – dem Gemeinderat mag’s wohl schmeicheln – einer Abstimmung ( das „Faktische“ ) als „normativer Kraft“!
Wie wär’s dagegen mit folgender Interpretation: Das UnterwegsTheater hat das Alte Hallenbad durchgehend zwei Jahre – und gelegentlich auch in den Jahren davor – für eigene Inszenierungen und die Präsentation anderer, und vor allem auch internationaler, Produktionen erfolgreich – und vom Publikum begeistert aufgenommen – genutzt, mit Besucherquoten auf die jedes Stadttheater neidisch sein kann. Das ist hier das „Faktische“!  – Dem leider aber nicht genug Zeit gelassen wurde, die von Herrn Kremer strapazierte „normative Kraft“ zu entwickeln.
Das „Faktische“ ist aber auch, dass die erste Ausschreibung des Alten Hallenbades im Jahr 2007 gegen eine klammheimliche Übergabe an Herrn Kraus erst ‚mal durchgesetzt werden mußte. Und dass in dem Bereich, in dem das „Faktische“ in der Stadt realisiert wird, nämlich in den Verwaltungsorganen der Stadt, klare Präferenzen hinsichtlich Herrn Kraus gegenüber anderen Interessenten gepflegt wurden. Und wenn der kluge Bürger diese beiden Dinge vergleicht, kommt er doch wohl zu dem Schluss, dass die „Kraft des Faktischen“ offensichtlich eher auf der Seite von Herrn Kraus tätig ist. Hoffen wir, dass sie in diesem Fall wenigstens nicht „normativ“ ist.
(Sollte Herr Hörnle Herrn Kremer falsch zitiert haben, bitte ich Herrn Kremer ausdrücklich um Entschuldigung.)
Dr. Günter Krämmer, Heidelberg, 23.10.08
 
Sehr geehrte Damen und Herren,
nachdem nun eine Welle der Sympathie für den Unternehmer Hans-Jörg Kraus aus den in der RNZ veröffentlichten Leserbriefen brandete, möchte ich es doch wagen, einige kritische Gedanken zu äußern:
Es ist ein Zeichen unserer Demokratie, wenn Entscheidungen in einem Gremium wie dem Heidelberger Stadtrat kontrovers diskutiert werden. Vor einem Jahr hatten sich die Räte bzgl. des Alten Hallenbades für ein Kulturkonzept entschieden. Bedauerlich für alle Freunde des Tanztheaters ist die Entscheidung  nun für das Konsumkonzept von Herr Kraus getroffen worden, bedauerlich aber demokratisch. Warum zögert Herr Kraus nun? Es handelt sich doch hier um  einen erfahrenen Unternehmer, der sicher schon einige schwierige Verhandlungen, die bestimmt nicht immer mit Samthandschuhen geführt wurden, hinter sich hat. Vielleicht ist sein Zögern auch auf einen ökonomischen Zweifel zurückzuführen. Schon die versierten Unternehmerbrüder Weidenhammer hatten sich ja in jüngster Vergangenheit von der Übernahme des Alten Hallenbades distanziert. Sollte das alte Hallenbad in den Händen der Stadt Heidelberg bleiben, wäre über eine Möglichkeit das Bad an das renommierte Unterwegstheater zu vermieten, nachzudenken. Denn dieses hat ja bekanntlich kein Dach mehr über dem Kopf!
 
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Monika Jost-Ullmann, Eppelheim, 24.10.08

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